„Kauf bricht nicht Miete“; die analoge Version 2.0

Erkenntnisse und Empfehlungen für den Verwalter anhand von BGH XII ZR 26/16 (Urteil vom 12.07.2017)

Vorüberlegung

Für das Zustandekommen eines auch langfristigen Mietvertrages ist es im Ausgangspunkt nicht von Bedeutung, ob der Vermieter Eigentümer des Objektes ist oder ob der Vermieter sein etwaiges Recht zur Vermietung überhaupt von dem Eigentümer ableiten kann. Auch ein Nichtberechtigter kann sich vertraglich binden und zu Leistungen verpflichten, die er nicht erfüllen kann. Jeder ein Objekt vermietende Marktteilnehmer wird daher vor der Vermietung sorgsam zu prüfen haben, ob er dem Mieter zu Mietvertragsbeginn den nach dem Vertragszweck geschuldeten alleinigen Besitz an dem Mietgegenstand auch tatsächlich für die Dauer des Vertrages verschaffen kann. Anderenfalls läuft er Gefahr, Schadensersatzansprüchen des Mieters ausgesetzt zu sein.

Handlungsempfehlung

Im Zuge der Mietvertragserstellung ist von Seiten des zumeist als Vertreter handelnden Berufshausverwalters darauf zu achten, dass der von ihm auszufertigende Mietvertag im Namen der „richtigen“ Partei abgeschlossen wird. Wer insoweit sinnvollerweise im Vermieterrubrum des Mietvertrages anzuführen ist, erschließt sich in der Regel durch die Einsicht in das Grundbuch. Nicht selten erhalten Berufshausverwalter in der Praxis von ihren Auftraggebern allerdings insoweit unzutreffende Informationen, als sich z.B. nur einer von zwei Eigentümern als alleiniger Berechtigter wähnt und dies so mitteilt. Oder ein Auftraggeber gibt gegenüber dem von ihm beauftragten Verwalter eine unvollständige oder falsche Firmierung einer Vermieterin an, die nicht selten unkritisch in den Kopf des Vertrages übernommen wird.

Die Empfehlung an den Berufshausverwalter lautet daher, sich bereits bei Abschluss des Verwaltervertrages einen Grundbuchauszug für das zu verwaltende und vielleicht erst später neu zu vermietenden Objekt übermitteln zu lassen. Denn im Regelfall geht ein Mietverhältnis im Fall der Veräußerung der Immobilie gem. § 566 BGB nur dann auf den Erwerber über, wenn der Mietvertrag im Namen des Eigentümers (oder des sonst dinglich berechtigten) abgeschlossen wurde.

Der Regelfall unter der Rechtslupe (aus den Entscheidungsgründen)

Gemäß §§ 566 Abs. 1, 578 Abs. 2 Satz 1 BGB tritt der Erwerber eines gewerblich vermieteten Hausgrundstücks anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Mit dem Eigentumsübergang entsteht ein neues Mietverhältnis zwischen dem Erwerber des Grundstücks und dem Mieter mit dem gleichen Inhalt, mit dem es zuvor mit dem Veräußerer bestanden hat. Nach seinem Wortlaut findet § 566 Abs. 1 BGB allerdings nur dann Anwendung, wenn das vermietete Grundstück durch den Vermieter veräußert wird.

Der dem BGH vorliegende (verkürzte) Sachverhalt

In jenem dem u.a. für die Gewerbemiete zuständigen XII. Senat des BGH vorliegenden Sachverhalt hatte die auf Anweisung der Eigentümerin in deren wirtschaftlichem Interesse handelnde Verwaltung indes den Mietvertrag nicht im Namen der sie beauftragenden Eigentümerin abgeschlossen, sondern im eigenen Namen. Als dann die Eigentümerin das Objekt verkaufte, war der direkte Anwendungsbereich des § 566 BGB für einen Vermieterwechsel und Übergang des Mietverhältnisses auf die Erwerberin nach seinem Wortlaut versperrt. Es fehlte an der erforderlichen Identität zwischen der verkaufenden Eigentümerin und der Vermieterin.

Die Rechtsfortbildung

Streitig ist in der Literatur und Rechtsprechung, unter welchen Voraussetzungen eine analoge (also entsprechende) Anwendung des § 566 BGB auf abweichende Sachverhalte in Betracht kommen kann. Diese Möglichkeit bejahte der BGH in dieser Entscheidung für die vorliegende Konstellation und nahm (in Abgrenzung zu BGH XII ZR 119/02) im Ergebnis an, dass das hiesige Mietverhältnis mit der Grundbuchumschreibung ausnahmsweise analog § 566 BGB auf die Erwerberin übergeleitet worden sei, die damit die neue Vermieterin wurde. Denn – so der eine planwidrige Regelungslücke annehmende Senat in den tragenden Entscheidungsründen weiter - die Vermietung des veräußerten Grundstücks war mit Zustimmung und im alleinigen wirtschaftlichen Interesse der Eigentümerin erfolgt und der im eigenen Namen vermietende Verwalter hatte kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses. Diese Wertung decke sich im konkreten Fall zudem mit den Interessen der Erwerberin und der Mieterin. Erstere übernahm die Rechte und Pflichten der Voreigentümerin aus dem Mietverhältnis im Kaufvertrag ausdrücklich; Letztere wollte im Bestand des langfristigen Mietverhältnisses geschützt bleiben.

Rechtsanwalt Frank Weißenborn
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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