Corona, Entscheidung des BGH: Pandemiebedingte Schließungsanordnung für Fitnessstudio

Zu der Frage, ob und bei welcher Maßgabe ein Mitglied eines Fitnessstudios den von ihm durch Bankeinzug gezahlten Beitrag im Zeitraum der Schließung vom 16.03.2020 bis zum 04.06.2020 zurückverlangen kann! Urteil vom 04.05.2022 zu dem Aktenzeichen XII ZR 64/21

I. Ausgangspunkt/Kurzsachverhalt:

Mit diesem über das AG Gelsenkirchen und das LG Essen kommenden Fall begehrt ein Mitglied eines Fitnessstudios im Rahmen eines 24 Monats-Vertrages die Rückzahlung eines eingezogenen Beitrages aus einem Schließungszeitraum.

II. Die Entscheidung:

Der sportliche Kläger verlangte Wertgutscheine als Ersatz. Der Beklagte bot demgegenüber lediglich die Gutschrift über Trainingszeit für den Zeitraum der Schließung an. Dieses Angebot nahm der Kläger nicht an und klagte auf Rückzahlung der erbrachten Vergütung. Er obsiegte durch drei Instanzen.

Dabei stützt der BGH den Rückzahlungsanspruch des Klägers auf die §§ 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 346 Abs. 1 BGB und bringt damit die Grundsätze der Unmöglichkeit zur Anwendung. Es sei dem Beklagten und Betreiber des Fitnessstudios in dem betroffenen Zeitraum nicht möglich gewesen, die ihm obliegenden Pflichten aus dem Vertrag zu erbringen, wodurch auch das jeweilige Mitglied (und damit der Kläger) leistungsfrei geworden sei.

Dabei sei dieses zeitweilige Erfüllungshindernis im konkreten Fall einem dauernden Hindernis gleichzustellen. Der Vertragszweck des Fitnessstudiovertrages liege gerade in der regelmäßigen sportlichen Betätigung und damit in der Erreichung bestimmter sportlicher Ziele oder der Erhaltung der Fitness und körperlichen Gesundheit; darum sei die regelmäßige und ganzjährige Öffnung von entscheidender Bedeutung für den Vertrag. Wenn der Beklagte und Betreiber des Fitnessstudios diese Nutzungsmöglichkeit zeitweise nicht habe gewähren können, habe der Vertragszweck für den betroffenen Zeitraum nicht erreicht werden können und sei wegen des Zeitablaufs auch nicht mehr nachholbar.

Der von dem selben Senat zuletzt für Gewerberaummietverhältnisse zur Anwendung gebrachte § 313 BGB und damit der Wegfall der Geschäftsgrundlage (wir berichteten mehrfach; vgl. z.B. BGH XII ZR 8/21 und BGH XII ZR 17/21) sei auf die hiesige Konstellation unanwendbar, weil die allgemeinen Vorschriften der Unmöglichkeit der Leistung die Folge der Vertragsstörung bestimme. Die Unmöglichkeit gehe somit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage vor.

III. Welche zusammenfassenden Schlüsse ziehen wir aus dieser Entscheidung?

Die Auswirkungen der Pandemie betrafen (weit über die Grenzen des hier im Zuge unserer letzten Beiträge thematisierten Gewerbemietrechts) faktisch den gesamten Wirtschaftssektor und damit unterschiedlichste Vertragsarten. Die hiesige Entscheidung zeigt auf, dass man nicht durchgängig auf die Anwendbarkeit und Subsumtion unter die Vorschriften des Wegfalls der Geschäftsgrundlage  wird vertrauen dürfen.

Rechtsanwalt Frank Weißenborn
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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