Wie wahrscheinlich ist ein Erstattungsanspruch eines Mieters und Restaurantbetreibers gegenüber dessen Betriebsschließungsversicherung? Urteil des BGH vom 26.01.2022 zu dem Aktenzeichen IV ZR 144/21

Zum Umfang einer Betriebsschließungsversicherung, hier: Restaurant

I. Ausgangspunkt:

Wie wir aus BGH XII ZR 8/21 in Erinnerung haben, wird sich ein Mieter die Zahlungen seiner Versicherungsgeber im Rahmen der Bemessung eines möglichen Anspruches aus § 313 BGB wegen des Wegfalls einer Geschäftsgrundlage entgegenhalten und anrechnen lassen müssen. Wir berichteten auch an dieser Stelle mehrfach von der Entscheidung.

II. Doch wie wahrscheinlich ist die Durchsetzbarkeit eines Erstattungsanspruches eines Mieters gegenüber dessen Versicherung?

Im konkreten Fall aus Schleswig-Holstein war nun im März 2020 zum 1. Lockdown eine Landesverordnung in Kraft getreten, die eine Schließung von sämtlichen Gaststätten anordnete und den Außerhausverkauf unter bestimmten Voraussetzungen als zulässige Ausnahme vorsah. Hierauf schloss der Mieter (und Kläger) seine Gaststätte und bot einen Lieferdienst an. Zugleich nahm er seine Versicherung in Anspruch. Dem Versicherungsvertrag lagen die "Zusatzbedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden aufgrund behördlicher Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz (Betriebsschließung) - 2008 (ZBSV 08)" zugrunde.

Nach § 3 Nr. 1 Buchst. a ZBSV 08 ersetzt der Versicherer dem Versicherungsnehmer im Falle einer bedingungsgemäßen Betriebsschließung den Ertragsausfallschaden bis zu einer Haftzeit von 30 Tagen. Die ZBSV 08 lauten auszugsweise:

"§ 2 Versicherte Gefahren

Versicherungsumfang

Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)

den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt;

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Zusatzbedingungen sind die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:

Krankheiten: …

Krankheitserreger: …

…"

III. Was sagt der BGH und welchen Schluss können Gewerbe(ver)mieter:innen daraus ziehen?

Der BGH entschied zulasten des Restaurantbetreibers, Mieters, Versicherungsnehmers und Klägers. Er hielt die einer AGB-Kontrolle unterliegenden Versicherungsbedingungen für klar und transparent. Der Fall der COVID-19 Pandemie löse den Versicherungsschutz nicht aus. Aus der gebotenen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers würden anhand des eindeutigen Wortlautes der Bedingungen keine Zweifel entstehen, dass der Katalog abschließend sei und den eingetretenen Haftungsfall/Sachverhalt nicht umfasse. Es werde nicht der fälschliche Eindruck erweckt, dass etwa jede Betriebsschließung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes vom Versicherungsschutz umfasst sei.

Maßgeblich sind stets die konkreten und in den jeweiligen Versicherungsvertrag einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen die durch einen Fachanwalt für Versicherungsrecht auf deren Anwendbarkeit geprüft und subsumiert werden sollten. Falsch läge man sicher mit der Annahme, dass jeder Versicherungsschutz mit einer solchen Überschrift großzügig und im Zweifel jeden Schaden eines Versicherungsnehmers abdecke. Hier gilt auch in Pandemiezeiten nichts anderes als sonst im strengen Versicherungsrecht…

Rechtsanwalt Frank Weißenborn
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Telefon: 030 40 59 94-54
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