Corona, Entscheidung des BGH: Missglückte Hochzeitsfeier (Raummiete)! 

Zu der Frage, ob und bei welcher Maßgabe ein Hochzeitspaar eine bereits für den 1. Mai 2020 gezahlte Raummiete nach einem Rücktritt zurückverlangen kann! Urteil vom 02.03.2022 zu dem Aktenzeichen XII ZR 36/21 mit neuen Erkenntnissen.

I. Ausgangspunkt/Kurzsachverhalt:

Mit diesem über das AG Gelsenkirchen und das LG Essen kommenden Fall begehrt ein im Dezember 2018 standesamtlich vermähltes Paar nach einem „Rücktritt“ vom (Raummiet-) Vertrag die Rückzahlung einer Raummiete in der Höhe von 2.600 € für eine für den 1. Mai 2020 geplante Hochzeitsfeier, die aufgrund der Pandemie nicht in der Weise hätte stattfinden können. Das Amtsgericht wies die Klage gänzlich ab. Das Landgericht halbierte die Klageforderung salomonisch. Der BGH hob nun das Berufungsurteil auf und stellte die Rechtsfolgen der erstinstanzlichen Entscheidung wieder her, wonach das Hochzeitspaar leer ausgeht.

II. Die Krux mit dem normativen Element:

Bekanntlich setzt ein Anpassungsanspruch wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage neben dem sog. realen und dem hypothetischen Element auch das sogenannte normative Element voraus. Denn die Störung der Geschäftsgrundlage berechtigt für sich genommen noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift des § 313 BGB als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Nicht jede einschneidende Veränderung rechtfertigt daher eine Vertragsanpassung oder Kündigung. Vielmehr ist es erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt, wie wir dies bereits seit BGH XII ZR 8/21 wissen. Maßgeblich sind also auch hier die Umstände des Einzelfalls, sodass das Gericht diejenigen Rechtsfolgen zu wählen hat, die den Parteien unter Berücksichtigung der Risikoverteilung zumutbar sind und durch die eine interessengerechte Verteilung des verwirklichten Risikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt werden kann. Die Anpassung darf somit in die Vereinbarung der Parteien nicht weiter eingreifen, als es durch die veränderten Umstände geboten ist.

III. Der entscheidungserhebliche Teil der Entscheidung:

Nun hatte im hiesigen Sachverhalt der Vermieter und Beklagte Ausweichtermine angeboten, um die geplante Feierlichkeit zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden zu lassen, was das Hochzeitspaar abgelehnt hatte, ohne allerdings darzulegen, dass sie etwa überhaupt nicht mehr feiern wollen oder warum eine solche Anpassung des Vertrages durch eine Terminverschiebung für sie hätte unzumutbar sein können.

Diese Umstände veranlassten den Senat zur vollständigen Abweisung der Klage, weil eine Anpassung des Vertrages mit der Folge eines Rücktrittsrechts oder einer Kündbarkeit nur ausnahmsweise und dann in Betracht komme, wenn eben eine Anpassung nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar sei (Rn. 36). An einem solchen Ausnahmefall fehle es nach den Darlegungen der Kläger hier, sodass die landgerichtliche Halbierung der Klageforderung rechtsfehlerhaft gewesen sei. Die Kläger hätten keine tragfähigen Umstände dafür vorgetragen, dass eine andere Form der Vertragsanpassung unmöglich oder Ihnen nicht zumutbar gewesen sei.

Allein die nicht näher begründete Behauptung, eine Verschiebung der Hochzeitsfeier auf einen späteren Termin „komme für sie nicht in Betracht“, reiche hierfür nicht aus. Daher sei der Rücktritt unwirksam gewesen. Das Hochzeitspaar sei nicht an einer interessengerechten Lösung interessiert gewesen. Vielmehr hätten diese allein die Aufhebung des Mietvertrages angestrebt, um das Risiko der Absage der Feier einseitig auf die Vermieterin zu verlagern.

IV. Welche zusammenfassenden Schlüsse ziehen wir aus dieser Entscheidung?

Die Kündbarkeit oder ein Rücktrittsrecht stellen als eine Art ultima ratio nur dann eine Loslösungsmöglichkeit dar, wenn keine andere Anpassung des Vertrages möglich oder zumutbar ist; solches hätte in diesem Fall die um eine gänzliche Loslösung bemühte Mieterseite darzulegen gehabt.

Rechtsanwalt Frank Weißenborn
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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