Vorauszahlung kein Ersatz für Sicherheit nach § 648a BGB, IMMOBILIENZEITUNG 30/2015

Rechtsanwalt Christian Hippel von W•I•R Wanderer und Partner Rechtsanwälte, Berlin Baurecht OLG Köln, Urteil vom 23.04.2015, Az. 3 U 124/14 Fordert der Auftragnehmer zur Absicherung der zu erbringenden Vorleistungen gem. § 648a BGB eine Bankbürgschaft, wird das...

Rechtsanwalt Christian Hippel von W•I•R Wanderer und Partner Rechtsanwälte, Berlin

Baurecht

OLG Köln, Urteil vom 23.04.2015, Az. 3 U 124/14

Fordert der Auftragnehmer zur Absicherung der zu erbringenden Vorleistungen gem. § 648a BGB eine Bankbürgschaft, wird das Wahlrecht des Auftraggebers zwischen verschiedenen Sicherungsmitteln nicht beschränkt. Eine Vorauszahlung stellt allerdings keine taugliche Sicherheit dar.

Der Fall

Ein Auftragnehmer (AN) verlangte vom Auftraggeber (AG) zur Absicherung der zu erbringenden Vorleistungen binnen 13 Kalendertagen eine „Bankbürgschaft“ nach § 648a BGB. Anderenfalls kündigte er an, die Arbeiten einzustellen. Der AG bot daraufhin eine Vorauszahlung in der geforderten Höhe an, übergab aber keine Sicherheit. Hiernach kündigte der AN den Bauvertrag und forderte eine Entschädigung in Höhe von 5% der auf die nicht erbrachten Leistungen entfallenden Vergütung. Der AG hält das Sicherungsverlangen und damit die Kündigung des Bauvertrags für unwirksam. Zum einen hätte die Forderung nach einer „Bankbürgschaft“ sein Wahlrecht unzulässig beschränkt. Zum anderen bestand aufgrund der angebotenen Vorauszahlung in geforderter Höhe kein Sicherungsbedürfnis mehr.

Die Folgen    

Das Gericht hält das Sicherungsverlangen und damit die Kündigung für wirksam. Unter Kaufleuten in der Baubranche kann die Forderung nach einer „Bankbürgschaft“ als Sicherheit nach § 648a BGB nicht dahin verstanden werden, dass andere Sicherheiten nicht akzeptiert werden, schließlich sei die Bürgschaft das in der Praxis häufigste Sicherungsmittel. Darüber hinaus habe der AG die Forderung des AN selbst nicht so verstanden, dass ihm keine Wahlmöglichkeit unter den tauglichen Sicherungsmitteln verbleibt. Denn er hat selbst eine Vorauszahlung angeboten und sich gegen das Verlangen einer Sicherheit als solcher gewandt, nicht aber gegen die „Bankbürgschaft“ als alleiniges Sicherungsmittel. Da eine Vorauszahlung jedoch weder insolvenzfest, noch ein taugliches Sicherungsmittel im Sinne von § 648a BGB ist, musste der AN diese nicht annehmen und war zur Kündigung berechtigt.

Was ist zu tun?

Aus dem Urteil ergeben sich zunächst die üblichen, aber regelmäßig erfolglosen Verteidigungsversuche gegen das Sicherheitsverlangen nach § 648a BGB (die Frist sei unangemessen kurz; es seien schließlich Abschlagszahlungen vereinbart; das Sicherungsverlangen sei überhöht und treuwidrig). Darüber hinaus verdeutlicht der Fall weitere Fallstricke: Bislang galt als gesichert, dass der AN dem AG die Wahl zwischen verschiedenen Sicherungsmitteln überlassen sollte. So gelangte etwa das OLG Koblenz (Urteil vom 01.09.1999, Az. 5 U 1974/98) bei ähnlichem Sachverhalt zur Unwirksamkeit des Sicherungsverlangens und der hierauf gestützten Kündigung. Zum anderen kann selbst durch eine Vorauszahlung des vollen Werklohns wohl nicht verhindert werden, dass der AN den Vertrag berechtigt kündigt und Entschädigung verlangt, ohne weitere Leistungen zu erbringen.

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